Ein echtes Technologieunternehmen weist ein extremes Umsatzwachstum auf, stellt viele neue Mitarbeitende ein und legt wenig Wert auf Profitabilität. So oder so ähnlich definierten viele Anlegerinnen und Anleger bis vor kurzem Growth-Aktien. Genauer gesagt bis vor einem Jahr.
Im Jahr 2022 endete ein langer Bullenmarkt, der vor allem von wachstumsstarken Technologieaktien angetrieben wurde. Der Krieg in der Ukraine löste eine Reihe unerwarteter Schocks aus, die die Weltmarktpreise für Öl und Gas in die Höhe trieben. Dies und die jahrelange lockere Geldpolitik der Zentralbanken ließen die Inflation weltweit nach oben schnellen. Um die Inflation wieder einzudämmen, sahen sich die Zentralbanken gezwungen, die Zinsen deutlich anzuheben. Dies belastete Technologieaktien, da die Bewertungen vieler Tech-Unternehmen auf zukünftigen Wachstumserwartungen basierten. Mit steigenden Zinsen mussten die zukünftigen Gewinne mit höheren Zinssätzen diskontiert werden, was zu einer Korrektur der Bewertungen führte. Gleichzeitig sanken die Umsätze und Gewinne vieler Unternehmen. Die Folge: fallende Kurse.
Aus Growth wird Value
Überrascht von den sinkenden Kursnotierungen, legte das Gros der Anlegerinnen und Anleger wieder Wert auf Profitabilität und flüchtete aus Growth-Aktien in die klassischen Value-Titel. Während Growth-Aktien für die Zukunft hohe Gewinne versprechen, aktuell aber wenig Erträge liefern, sind Value-Aktien in der Regel weniger trendy und werden unter ihrem vermeintlich wahren Wert gehandelt.
Die Zeit der Wachstumsaktien schien damit vorerst vorbei zu sein. Doch vielen Technologieunternehmen gelang es relativ schnell, das Ruder herumzureißen und sich auf Effizienz und Profitabilität zu konzentrieren. Um dies zu erreichen, wurden die Kosten teilweise massiv gesenkt und beispielsweise zahlreiche Mitarbeitende entlassen. Dies und das geringere Wachstum führten dazu, dass die Grenzen zwischen Growth und Value zunehmend verschwammen. Deutlich wird dies beispielsweise an der Indexzusammensetzung von S&P. Waren im S&P-500-Value-Index früher kaum Technologiewerte zu finden, befinden sich heute unter den Top 10 sechs bekannte Technologiekonzerne, die zum Teil auch im S&P-500-Growth-Index notiert sind.
Top-10 Aktien im S&P 500 Growth und im S&P 500 Value
Es befinden sich Technologieunternehmen sowohl im S&P-500-Gowth-Index als auch im S&P-500-Value-Index.

Quelle: S&P Dow Jones Indices LLC; Stand: 31.05.2023 Indizes werden nicht aktiv gemanagt und es ist nicht möglich, direkt in einen Index zu investieren.
Comeback der Tech-Aktien
Das Umschwenken auf Effizienz und Profitabilität, neue Innovationen und Trends sowie ein sich veränderndes Marktumfeld sorgten in den letzten Monaten dafür, dass Technologiewerte in der Gunst der Anlegerinnen und Anleger gewonnen haben. Allein in den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres stieg der NASDAQ 100 um etwas mehr als 30 %, während der klassische S&P 500 nur um 9 % zulegte.
Viele Marktteilnehmerinnen und -teilnehmer befürchten inzwischen sogar, dass einige Unternehmen bereits heiß gelaufen sind und eine Korrektur überfällig ist. Kurzfristig ist dies durchaus möglich, aber vor allem für langfristig orientierte Anlegerinnen und Anleger bieten Tech-Aktien nach wie vor attraktive Chancen.
Mehr Effizienz, weniger Kosten
Effizienzsteigerungen und die Generierung von Liquidität dürften die künftigen Gewinne ankurbeln, insbesondere wenn sich die Nachfragebedingungen weiter stabilisieren. Erste Anzeichen einer Stabilisierung sind bei einigen werbebasierten Geschäftsmodellen, im PC-Markt und bei E-Commerce-Unternehmen zu beobachten.
Darüber hinaus bedienen viele Halbleiterunternehmen die Endmarktnachfrage in den Bereichen Mobiltelefone, Gaming und Kommunikationsausrüstung nach wie vor nur unzureichend, was auf ein positives Umfeld für Lagerbestände hindeutet. Eine erhöhte Produktionskapazität in Verbindung mit einer anhaltenden Nachfrage dürfte zu höheren Umsätzen und Gewinnen führen, was diese Unternehmen für Investoren attraktiv machen könnte.
Rückenwind dank fallender Zinsen?
Während steigende Zinsen im vergangenen Jahr zu Kursverlusten bei vielen Technologieaktien geführt haben, könnte nun das Gegenteil der Fall sein. Mit Zinssätzen in der Nähe der Inflationsrate und zunehmenden Signalen für wirtschaftlichen und finanziellen Stress, wie z. B. eine Rezession in den USA, dürften die Zentralbanken dem Ende des Zinszyklus näher sein als seinem Anfang. So hat die Fed bereits Mitte Juni eine Zinspause eingelegt.
Ein Kurswechsel in der Geldpolitik, d. h. ein Ende der Zinserhöhungen oder sogar Zinssenkungen, könnte die Bewertungsrelationen stützen. Sollte beispielsweise die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen nur um 50 Basispunkte sinken, könnten die zukünftigen Gewinnmultiplikatoren im Technologiesektor um 10 bis 15 % steigen. Weist eine Aktie derzeit beispielsweise ein KGV von 10 auf, wäre nach dem Zinsrückgang ein KGV von 11 bis 11,5 denkbar. Bei einer Zinssenkung um 100 Basispunkte ist sogar ein Anstieg der Gewinnmultiplikatoren um 20 bis 30 % möglich.
Investieren in die digitale Zukunft
Trotz der jüngsten technologischen Entwicklungen und des rasanten Innovationstempos der letzten Jahre dürften wir erst am Anfang eines globalen Trends stehen, der Konjunkturzyklen überdauern wird. So werden in den nächsten Jahren voraussichtlich Billionen von US-Dollar in die digitale Transformation fließen. Eine Investition, von der viele Technologieunternehmen profitieren könnten.
Prognostizierte Ausgaben für digitale Technologien und Dienstleistungen bis 2026 / 2017-2025 Billionen (USD)
Die Ausgaben für digitale Technologien und Dienstleistungen werden sich bis 2026 voraussichtlich mehr als verdreifachen.

Quelle: Statista, Stand: 31. Dezember 2022
*Prognose auf der Grundlage der aktuellsten verfügbaren Daten.
Es kann nicht zugesichert werden, dass sich Vorhersagen, Hochrechnungen oder Prognosen zur Wirtschaft, zu den Aktienmärkten oder den wirtschaftlichen Trends auf den Märkten als richtig erweisen.
Interessante Chancen bieten sich beispielsweise bei Unternehmen, die in den Bereichen Cloud Computing und Künstliche Intelligenz tätig sind. So ist Cloud Computing trotz der Optimierungen und Investitionen während und nach der Pandemie ein Billionen-Dollar-Wachstumsmarkt, der von einer Handvoll erstklassiger Unternehmen dominiert wird.
Mindestens ebenso spannend ist das aktuelle Trendthema Nr. 1: Künstliche Intelligenz. Diese noch junge Technologie hat das Potenzial, in den kommenden Jahrzehnten zu erheblichen Produktivitätssteigerungen in der gesamten Weltwirtschaft zu führen. Die steigende Nachfrage dürfte zu erheblichem Wachstum in den Bereichen Halbleiter, Cloud Computing, Software und Vernetzung von Rechenzentren beitragen.
Auch wenn das Thema Künstliche Intelligenz schon jetzt für Furore sorgt, dürften die künftige Bedeutung und das Potenzial derzeit noch unterschätzt werden. Schon bald wird die Technologie in nahezu allen Softwareanwendungen implementiert sein und von vielen Millionen Menschen im Alltag genutzt werden.
Fazit:
Neue Technologien haben unsere Welt bereits verändert, aber das Innovationstempo nimmt weiter zu. In den kommenden Jahrzehnten werden digitale Technologien, Werkzeuge und Dienstleistungen noch stärker wachsen und potenzielle Investitionsmöglichkeiten bieten.
