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Seit Monaten wehren wir uns gegen die Vorstellung, dass die US-Notenbank (Fed) ihren Lockerungszyklus bereits im März einleiten wird. Und genau das hat der Vorsitzende der Fed, Jerome Powell, auf der Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) im Januar bestätigt. Es überrascht nicht, dass alle Formulierungen, die sich auf „zusätzliche Straffungsmaßnahmen“ bezogen, gestrichen wurden, womit die Kehrtwende vom Dezember weiter zementiert wurde.

Anstatt direkt zu einer geldpolitischen Lockerung überzugehen, entschied sich der Offenmarktausschuss dafür, zunächst abzuwarten, die Lage zu beobachten und einen datenabhängigen Ansatz zu verfolgen. Powell erklärte ausdrücklich, dass eine Zinssenkung im März nicht dem Basisszenario entspreche und dass die Fed „ein größeres Vertrauen gewonnen haben müsse, dass sich die Inflation nachhaltig in Richtung 2 % bewegt“, bevor sie das Zielband für die Leitzinsen senke. Ich betone „nachhaltig“, da mehrere Kommentatoren (darunter auch geldpolitische Entscheidungsträger der Fed selbst) zur Rechtfertigung eines früheren Beginns des Zinssenkungszyklus darauf verwiesen haben, dass die kurzfristigen Indikatoren für die Inflationsdynamik – insbesondere die annualisierten Drei- und Sechsmonatsraten der persönlichen Konsumausgaben (PCE) – unter 2 % liegen. „Nachhaltig“ bedeutet jedoch, dass auch über die unmittelbare Zukunft hinaus kontinuierliche Fortschritte in Richtung des 2 %-Ziels der Fed erzielt werden müssen. Und bis dahin ist es noch ein weiter Weg, auf dem es durchaus zu Komplikationen kommen kann.

Was die eingehenden Wirtschaftsdaten betrifft, so gab es in den letzten Monaten nur sehr wenige Gründe, warum die Fed schon vor dem Sommer mit Zinssenkungen beginnen sollte. Wenn überhaupt, dann gab es seit Mitte Januar eine Fülle von positiven Überraschungen bei den Daten. Der Citi Economic Surprise Index zeigt eine Zunahme überraschend positiver Daten in diesem Zeitraum.1

Positive Konjunkturüberraschungen nehmen seit Mitte Januar zu

Januar 2023 – Januar 2024

Quellen: Franklin Fixed Income Research, Citi, Macrobond. Stand: 2. Januar 2024. Der Citi Economic Surprise Index zeigt die Differenz zwischen den offiziellen Wirtschaftsergebnissen und den Prognosen. Bei einer Summe über 0 übertrifft die Wirtschaftsleistung generell die Markterwartungen. Bei einer Summe unter 0 sind die wirtschaftlichen Bedingungen allgemein schlechter als erwartet. Indizes werden nicht aktiv gemanagt und es ist nicht möglich, direkt in einen Index zu investieren. Gebühren, Kosten und Ausgabeaufschläge sind nicht berücksichtigt. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist weder ein Indikator noch eine Garantie für die zukünftige Wertentwicklung. Weitere Informationen zum Datenanbieter finden Sie unter www.franklintempletondatasources.com.

Tatsächlich lieferte der US-Arbeitsmarktbericht für Januar eine der größten Überraschungen. Die monatlichen Beschäftigtenzahlen lagen fast doppelt so hoch wie die Bloomberg-Konsensschätzung, und auch die Beschäftigtenzahlen für Dezember wurden deutlich nach oben revidiert (+117.000). Der Januar-Bericht zeigte auch, dass die Neueinstellungen auf einer viel breiteren Basis erfolgt sind als bisher angenommen und sich nicht hauptsächlich auf azyklische Sektoren wie das Gesundheitswesen konzentriert haben. Während die Erwerbsquote insgesamt zurückging, stieg die Erwerbsbeteiligung im Haupterwerbsalter und in der Alterskohorte der 20- bis 24-Jährigen an – ein Umstand, den die Fed positiv bewerten dürfte. Die Arbeitslosenquote blieb unverändert auf dem historisch niedrigen Niveau von 3,7 %.2 Unterdessen blieb die Wiederbeschäftigung (Übergang von Arbeitslosen in Beschäftigung) bzw. die Effizienz der Zusammenführung von offenen Stellen und Arbeitskräften auf dem Niveau vor der Pandemie.

Noch wichtiger ist, dass die Beschleunigung der durchschnittlichen Stundenlöhne (0,6 % im Januar gegenüber 0,3 % im Dezember) meiner Meinung nach die Fed beunruhigen dürfte. Zwar hat sich der Beschäftigungskostenindex (ECI) im vierten Quartal 2023 verlangsamt, derzeit sind jedoch weder der ECI noch die durchschnittlichen Stundenlöhne mit einem Inflationsziel von 2 % vereinbar. Auf annualisierter Sechsmonatsbasis liegt das Wachstum der Löhne und Gehälter sowie der durchschnittlichen Stundenlöhne laut ECI weiterhin deutlich über den Durchschnittswerten der Jahre 2016-2019. Alles in allem dürfte sich die Fed durch den Arbeitsmarktbericht vom Januar in ihrer abwartenden Haltung bestätigt fühlen. Die stärkeren Daten bedeuteten auch, dass die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung im März zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels auf unter 25 % gesunken war.

Was die Inflation betrifft, so sind die kurzfristigen Indikatoren für die Kerninflation des Preisindex der persönlichen Konsumausgaben unter die Marke von 2 % gesunken. Die „Supercore“-Inflation (Kerndienstleistungen ohne Wohnkosten) – ein Indikator, auf den sich die Fed für den größten Teil des Jahres 2023 wiederholt bezogen hat – stieg jedoch im Dezember um 2,8 % auf annualisierter Sechsmonatsbasis und liegt auf Jahresbasis weiterhin über 3 %.3 Dies allein rechtfertigt meines Erachtens eine abwartende Haltung angesichts des nach wie vor robusten Arbeitsmarktes und steigender Realeinkommen der privaten Haushalte bei nachlassender Inflation.

Auch bei der Wohnungs-/Mietinflation ist die Situation bestenfalls nebulös. Das PCE-Mietniveau bleibt nach wie vor hinter dem Marktniveau zurück. Die von Zillow beobachteten Mieten sind seit Januar 2021 um 27 % gestiegen, während die PCE-Mieten für Mieter und die kalkulatorischen Mieten für selbstgenutztes Wohneigentum um 19 % gestiegen sind.4 Dies könnte einer der Gründe dafür sein, dass die monatlichen Veränderungen der PCE-Mieten seit März des vergangenen Jahres zwischen 0,4 % und 0,5 % schwanken und nicht weiter gesunken sind. Der Rückgang der Wohnungsmieten (laut Apartment List) könnte zu einer gewissen Disinflation bei von Mietern bewohnten Mehrfamilienhäusern führen. Bemerkenswert ist, dass der Wohnungsbau und die Fertigstellungen von Mehrfamilienhäusern seit Beginn der Zinserhöhungen durch die Fed vor zwei Jahren deutlich zugenommen haben. Der anhaltende Anstieg der Hauspreise (Federal Housing Finance Agency: 6,6 % ggü. Vj., Case Shiller: 5,2 % ggü. Vj.)5 könnte sich jedoch stärker auf die Mietkennzahlen für selbstgenutztes Wohneigentum auswirken.

Die Disinflation der Güterpreise, die während des Jahres 2023 eine Quelle der Erleichterung war, könnte sich in diesem Jahr abschwächen, da der globale Lieferkettenindex der Fed seit Mitte 2023 einen kontinuierlichen Anstieg des Drucks auf die Lieferketten anzeigt. Die Unterbrechung der Handelsrouten im Roten Meer hat bereits zu einem Anstieg der Frachtraten geführt (wobei die Asien-Europa-Route bisher noch stärker betroffen ist). Je länger diese Störungen andauern, desto wahrscheinlicher ist es, dass sich die Auswirkungen der Verzögerungen und Kostensteigerungen in den Warenpreisen niederschlagen.

Bodenbildung bei der Disinflation der Güterpreise?

2008–2024

Quellen: Franklin Fixed Income Research, BEA, New York Fed, BLS, Macrobond. Stand: 2. Februar 2024

Da das Wirtschaftswachstum weiterhin deutlich über dem Potenzial liegt, der Arbeitsmarkt robust bleibt und die Inflation (und Lohninflation) in Zukunft für Überraschungen sorgen könnte, ist der datenbasierte Ansatz der Fed insgesamt sinnvoll. Zinssenkungen werden sicherlich kommen, aber wahrscheinlich nicht so schnell und nicht in dem Ausmaß, wie es die Märkte erwarten. Da die Geldpolitik bei einem Inflationsrückgang passiv gestrafft wird, werden Zinssenkungen erforderlich sein, um übermäßig hohe Realzinsen zu vermeiden.

In unserem Basisszenario gehen wir davon aus, dass die Leitzinsen in diesem Jahr um 75 Basispunkte gesenkt werden, wobei der erste Zinsschritt im Sommer (Juni/Juli) erfolgen dürfte. Dies könnte sich jedoch ändern, wenn sich die Wirtschaftslage deutlich verschlechtert oder, was ebenso wichtig ist (wenn nicht noch wichtiger), wenn sich die Risiken für die Finanzstabilität, die vom US-amerikanischen Markt für Gewerbeimmobilien ausgehen, vergrößern. Unseres Erachtens könnte sogar ein Anstieg des wahrgenommenen Risikos einer Krise die Fed dazu zwingen, früher und energischer zu handeln.



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