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Transkript

Dina Ting(DT)

Hallo, ich bin Dina Ting, Head of Global Index Portfolio Management bei Franklin Templeton. Schön, dass Sie da sind! Heute ist mein Kollege Dave Mann bei mir. Er ist Head of Global ETF Product and Capital Markets.

Wir dachten, es wäre witzig, zu Beginn des neuen Schuljahres einen Primer rund um ETFs anzubieten, die Ereignisse des Sommers Revue passieren zu lassen und über unsere Gedanken für das restliche Jahr zu sprechen. Wie Sie wissen, ist der Herbst eine gute Gelegenheit für einen Neuanfang oder eine Neupositionierung.

Dave, bei Franklin ist es wieder einmal eine hektische Zeit. Die Zinssenkungen der Federal Reserve sind aktuell das Hauptthema für viele Anleger. Außerdem hat die US-Börsenaufsicht SEC weitere Krypto-ETFs genehmigt. Was beschäftigt die Kunden deiner Meinung nach mit Blick auf ihre Agenda für den Herbst wohl am meisten?

David Mann (DM): Danke, Dina, dass ich hier sein darf. Ich finde es ein witziges Thema, denn gestern Abend war ich noch auf dem ersten Elternabend nach den Ferien auf der Schule von meinem Sohn. Ich habe dort ein paar Lehrer getroffen, das ist immer spannend. Rückblickend finde ich, dass Krypto-ETFs sehr im Mittelpunkt standen. Was deine Frage angeht, finde ich es interessant, dass all die Vorschriften und die Debatte darüber, ob ein Engagement in Kryptowährungen auch über ETFs möglich sein soll, uns fast zu den grundlegenden Fragen zu ETFs zurückgebracht haben.

Werden sie reibungslos funktionieren? Werden Auflegungen und Rücknahmen problemlos verlaufen? Wird der ETF in Übereinstimmung mit dem Preis des zugrunde liegenden Token gehandelt werden etc.? Interessanterweise höre ich diese Frage in meinen über 20 Jahren in der ETF-Branche nicht zum ersten Mal.

Blicken wir zurück, gab es ursprünglich Aktien-ETFs und ETF-Arbitragen sorgten dafür, dass der Preis innerhalb eines Tages dem der zugrunde liegenden Vermögenswerte folgte. Das hat wunderbar funktioniert. Dann kamen Schwellenländer-ETFs. Würden sie funktionieren? Vor allem, wenn einige der zugrunde liegenden Märkte geschlossen sind. Erneut funktionierten diese ETFs wie erwartet. Es folgten Gold-, Silber- und Anleihen-ETFs. Es tauchte die Frage auf: Was passiert, wenn es sich nicht um einen vollständig nachgebildeten Index handelt? Was, wenn es sich um einen Anleihenkorb handelt? Was, wenn es aktive ETFs sind? Bei jedem Meilenstein gab es Fragen, ob das ETF-Vehikel wie erwartet funktionieren würde. Bei Krypto-Fonds war es nicht anders. Und binnen weniger Monate funktionierten diese ETFs im Sommer wie erwartet. Das war großartig.

DT: Was kannst du uns über die Treiber für ETF-Wachstum und das Echo bei Anlegern sagen?  Sollten Anleger aufgrund der aktuellen Volatilität jetzt Veränderungen berücksichtigen?

DM: Diese Frage möchte ich auf zweierlei Weise beantworten, Dina. Zunächst eher allgemein und dann spezifischer. Allgemein freue ich mich fast persönlich sehr, wie gut aktive ETFs inzwischen angenommen werden. Vor allem am Anfang meiner Karriere in der ETF-Industrie, waren ETFs für Anleger oft glaube ich das Gleiche wie eine Indexanlage. Beides war fast synonym. Nachdem die Vorschriften für ETFs in den letzten Jahren geändert wurden, ist es sehr erfreulich, dass Anleger immer offener für ein Engagement über aktive ETFs werden. Letztes Jahr und im bisherigen Jahresverlauf sind meine ich ca. 30% der Nettozuflüsse in aktive ETFs gegangen. Das ist ausgezeichnet.

Zu Teil zwei deiner Frage: Anleger nutzen ETFs, um sich ausgehend von ihrer Einschätzung zum künftigen Makro-Umfeld in der gewünschten Anlageklasse zu engagieren. Meiner Ansicht nach gibt es zwei Haupttrends. Zum einen selbstverständlich künstliche Intelligenz und Wachstumsaktien. Die Glorreichen Sieben erzielten eine steile Kursrally.1 Wir müssen nicht auf sämtliche Details eingehen. ETFs sind aus Indexsicht und aus aktiver Sicht eine großartige Möglichkeit, um sich zu engagieren. Zum anderen sind alle Augen auf die Fed gerichtet. Wann werden die Zinsen endlich sinken? Es wird rege in Anleihen investiert, da Anleger versuchen, den künftigen Kurs der Fed zu ergründen und ihre Anleihenportfolios entsprechend ausrichten.

DT: In den USA waren der Vormarsch aktiver ETFs oder die Zuflüsse in aktive ETFs sehr deutlich zu sehen. Wie wird sich das deiner Meinung nach auf den Rest der Welt auswirken?

DM: Gemessen an der Breite der Produkte und Vermögenswerte ist der ETF-Markt in den USA der größte. Im Juli legten Anleger beispielsweise knapp über 120 Mrd. USD in US-ETFs an. Nach den fast 130 Mrd. USD letztes Jahr im Dezember war das die zweithöchste monatliche Gesamtsumme, die je verzeichnet wurde. Zugleich war es der vierte Monate überhaupt mit Mittelzuflüssen über 100 Mrd. USD.2

Die internationalen Märkte versuchen oft herauszufinden, was an den US-Märkten funktioniert hat, um es dann an den lokalen Märkten anzuwenden. Mit Blick auf Europa würde es mich beispielsweise nicht wundern, wenn die zunehmende Nachfrage nach aktiven ETFs in den USA langsam auch auf die globalen ETF-Märkte überschwappen würde. Bis dahin könnte es allerdings noch einige Jahre dauern. Ebenso die Erkenntnis, dass ETFs im Grunde nicht anders funktionieren. Wenn sich diese Erkenntnis an den globalen Märkten durchsetzt, würde es mich nicht wundern, wenn aktive ETFs plötzlich zunehmend gefragt wären.

DT: Würdest du mit Blick auf aktive ETFs behaupten, dass der Fondsauswahlprozess sich von dem bei anderen aktiven strategischen Vehikeln, etwa Investmentfonds oder Einzelmandaten, unterscheidet?

DM: Nein, eigentlich nicht. Bei unseren eigenen Strategien, versuchen wir oft, uns von Vehikeln unabhängig zu machen. Dennoch glaube ich wie bereits vorher erwähnt, dass Anleger bei Investmentfonds in der Vergangenheit an aktives Investieren gedacht haben. Und das, obwohl es viele Indexfonds gibt und ETFs mit Indexanlagen gleichgesetzt wurden, obwohl es viele aktive ETFs gibt. Die kurze Antwort ist also nein. Wie bei jeder anderen Sorgfaltsprüfung ist es entscheidend, die aktive Strategie zu verstehen, die Philosophie zu verstehen, das Team zu verstehen, alle risikobereinigten Kennzahlen, Sharpe Ratios und Informationen zu prüfen, um zu begreifen, was der Portfoliomanager und der ETF anders machen als die Benchmark. Dann können Anleger eine sachkundige Entscheidung treffen.

DT: Zurück zu deinem Kommentar zu Anleihen. Mir ist inzwischen klar, dass alle im September mit einer Zinssenkung rechnen. Wie sollten Anleger dieses bevorstehende Ereignis einordnen und eventuell darüber nachdenken, ihr Portfolio neu zu positionieren?

DM: Genau, im Anleihensegment richten sich alle Augen auf die Fed. Als ich mir letztes Mal die Wahrscheinlichkeit der Anzahl von Zinssenkungen angesehen habe, lag sie bei anderthalb. Es könnte also eine oder zwei geben. Sollte die Fed einen milderen Kurs einschlagen, wäre das vermutlich für die riskanten Segmente des Anleihenmarkts wie Hochzinsanleihen günstig. Dann könnten diese Unternehmen ihre Schulden refinanzieren und sogar Bankkredite wären aus Einkommenssicht noch attraktiv.

DT: Ja, und ich glaube, dass das von dir zuvor erwähnte ETF-Vehikel sich so weit entwickelt hat, dass all diese Strategien über verschiedenste ETFs bereits verfügbar sind. Damit ist es ein Vehikel, das all diese Strategien demokratisiert und nicht nur institutionellen Anlegern sondern auch allen Anlegern mit einem Maklerkonto zugänglich macht.

DM: Einer der Vorteile von ETF-Vehikeln besteht darin, dass Anleger aktiv investieren, sich in einem Index oder Anleihen engagieren oder zielgerichtet anlegen können. Und das schöne Sache am Schulanfang aus globaler Sicht ist, dass Kinder auf der ganzen Welt zurück in die Schule gehen. Daher würde ich gerne von dir wissen, wie du die Märkte weltweit einschätzt. Es besteht großes Interesse für Indien, die indischen Aktienmärkte, koreanischen Aktienmärkte, taiwanesischen Aktienmärkte. Vielleicht kannst du uns etwas zu den globalen Aktienmärkten sagen.

DT: Danke für die Fragen. Da wir bekanntlich in den USA sitzen, gilt unser Augenmerk tendenziell den USA. Und die US-Renditen lagen in den letzten zehn Jahren natürlich über denen an den internationalen Märkten. Das war allerdings nicht immer so. Sieht man sich die Wertentwicklungen an den internationalen Märkten im Vergleich zu den USA an, liegen die einen oder die anderen über Zeiträume von ca. 10 Jahren vorn.

Aus Sicht eines inländischen Anlegers bietet ein internationales Exposure nicht nur Diversifizierungsvorteile sondern auch zusätzliches Renditepotenzial. So erhält man zusätzliche Erträge oder Renditen von einem völlig anderen Markt mit anderen Renditetreibern. Du hast Indien erwähnt. Wahrscheinlich zählt das Land aktuell zu den Lieblingsmärkten. Zudem ist es inzwischen vergleichsweise ein wirklich großer Markt. So hat Indien Südkorea and Taiwan in puncto Marktkapitalisierung bereits überholt.

Es ist der zweitgrößte Markt im Schwellenländeruniversum. Und das nicht ohne Grund, oder? Er bietet unglaublich viele Treiber, unter anderem das BIP, den Übergang von einer Dienstleistungswirtschaft hin zu einer Industrienation. Außerdem ist Indien ein Magnet für ausländische Direktinvestitionen. Und vor allem ist die Erwerbsbevölkerung des Landes groß genug, um den wachsenden Bedarf an Arbeitskräften zu decken. Vermutlich ist es die einzig große Volkswirtschaft, die keinen rasanten Rückgang verzeichnet. Sieht man sich die Bevölkerungsprognosen der Weltbank für die nächsten 20 Jahre an, wird sich Schätzungen für 2024 zufolge der Altersabhängigkeitsquotient für die USA und China voraussichtlich verschlechtern. Und in beiden Ländern ist er bereits ohnehin höher als der weltweite Durchschnitt von 40%.3 Dieser Quotient der aufgrund ihres Alters abhängigen Personen (unter 15 oder 64 Jahren) bezeichnet den Anteil der Bevölkerung, der von der dazwischen liegenden erwerbstätigen Altersgruppe abhängt. In Japan wird der bereits hohe Quotient von 71% voraussichtlich kräftig ansteigen, auf 91% bis 2044,4 sofern die Regierung mit ihrem politischen Kurswechsel nicht größere Fortschritte erzielt. In Indien dagegen dürfte dieser Quotient in den nächsten zwanzig Jahren mit ca. 47% weiterhin einer der niedrigsten in diesen vier Ländern bleiben. Gleichzeitig wird der Anstieg der abhängigen Personen nur etwa 50 Basispunkte über dem aktuellen Niveau liegen.5

DM: Interessant. Indiens günstige demografische Entwicklung begünstigt also in einzigartiger Weise die Industrieproduktion. Dina, ich habe noch eine Frage. Die US-Wahlen werden mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Aber in den letzten Monaten gab es viele Wahlen weltweit. Vielleicht kannst du uns etwas erläutern, was du über die Wahlen allgemein denkst und was du weltweit beobachtet hast.

DT: Ja. Dieses Jahr war insofern besonders, als über 50% der Bevölkerung gewählt hat oder wählen wird. In den USA haben wir jetzt eine neue Kandidatin der Demokraten für das Präsidentschaftsamt. Aber nicht nur in den USA haben die Wahlen für Überraschungen und Dramen gesorgt. In Mexiko, wo erstmals eine Frau zur Präsidentin gewählt wurde, war die Wahl von viel Gewalt begleitet. Sogar in Indien, wo ein Erdrutschsieg von Modi erwartet wurde, gab es eine Überraschung. Obwohl Modi die Wahl gewonnen hat, hatte er zu kämpfen. Die interessante Frage lautet finde ich: Was haben Wahlen mit Marktrenditen zu tun? Das ist doch die Frage, oder? Tatsächlich ist das sehr unterschiedlich. Die Auswirkungen schwanken auch nach Ländern. Einige behaupten, dass sie in den USA geringer sind, an den internationalen Märkten dagegen unter Umständen stärker. Zum Teil liegt das nicht daran, wer das Land regiert, sondern eher an der Politik und deren Auswirkungen auf die jeweiligen Volkswirtschaften und das daraus resultierende Wachstum. Jetzt ist der Herbst da. Das Jahr geht zu Ende. Aber im restlichen Jahr könnte uns noch einiges an Drama bevorstehen.

DM: Genau. Und abgesehen von den wahlpolitischen Manövern müssen auch geopolitische Risiken berücksichtigt werden. Sind sie deiner Ansicht nach bereits in den Aktienkursen eingepreist?

DT: Möglicherweise. Es ist aber auch eine gute Erinnerung daran, dass Marktunsicherheit häufig kurzfristige Volatilität bewirkt. Deshalb sind wir überzeugt, dass viele Anleger gut beraten sind, sich auf ihre langfristige Anlagestrategie zu konzentrieren und an einer breiten Streuung festzuhalten. Es gibt seit Langem einige geopolitische Bedrohungen, beispielsweise in Taiwan und Südkorea. Die von Nordkorea ausgehende nukleare Bedrohung ist ein Treiber für den „Korea-Abschlag“, von dem wir reden. Daneben gibt es allerdings wohl auch noch andere. Der Korea-Abschlag bezeichnet die niedrigen Bewertungen südkoreanischer Aktien im Vergleich zu Aktien anderer Länder.

Seit die Unternehmensreformen in Japan dem Land einen wirtschaftlichen Aufschwung beschert haben, versucht auch Seoul durch Reformen dem sogenannten Abschlag entgegenzuwirken, der die Bewertungen seiner Unternehmen häufig belastet.

Es gibt also viele kurzfristige Unsicherheiten, die Anleger von ihren langfristigen Strategien ablenken können. Außerdem sind der September und Oktober historisch meistens auch harte Monate für Aktien.

Der Ausgang der US-Wahlen lässt sich nach wie vor kaum vorhersagen. Wir müssen uns also noch einmal unterhalten, um über die Lage an den Märkten im restlichen Jahr und im nächsten Jahr zu sprechen. Erst einmal aber Danke Dave für die Zeit, die du dir genommen hast.

DM: Das klingt gut, Dina. Ich freue mich auf unser nächstes Gespräch!



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