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Wichtigste Inhalte

  • Aktuelle Daten deuten auf ein nachlassendes US-Wirtschaftswachstum hin. Eine längerfristige Betrachtung lässt jedoch einen anderen Schluss zu: Die Wirtschaft ist gesund und normalisiert sich nach einer Phase starken Wachstums im Nachgang der Corona-Krise.
  • Das ClearBridge Recession Risk Dashboard schlug in diesem Monat angesichts der Verbesserung von drei zugrunde liegenden Indikatoren auf ein insgesamt grünes Signal um, was unsere Einschätzung einer anhaltenden wirtschaftlichen Normalisierung unterstützt.
  • Obwohl die Bewertungen an den Aktienmärkten hoch erscheinen, zeigt eine zusätzliche Perspektive, dass einige der größten Benchmark-Bestandteile die Bewertungen verzerren. Eine typische Aktie wird zu einem wesentlich angemesseneren Multiplikator von weniger als 0,5 x über ihrem langfristigen Durchschnitt gehandelt.
     

Abkühlung oder Normalisierung?

Die Definition von Perspektive lautet „die subjektive Bewertung der relativen Bedeutung; ein Standpunkt“.  Perspektiven spielen in allen Aspekten des täglichen Lebens eine Rolle – dabei können sowohl große Ereignisse (Elternschaft) als auch kleinere Vorfälle (ein Stau) die Sichtweise von Menschen auf die Welt verändern. Das gilt vor allem für die Analyse von Wirtschafts- und Finanzmarktdaten. Einige der besten Ideen entstehen, wenn Analysten einen Schritt zurücktreten, um alternative Perspektiven neu zu überdenken und zu berücksichtigen. Gegenwärtig deuten verschiedene Daten darauf hin, dass sich die US-Wirtschaft abschwächt. Eine längerfristige Betrachtung führt jedoch zu einem anderen Schluss: Die Wirtschaft bleibt gesund und normalisiert sich nach einer Phase starken Wachstums im Zuge der Erholung von der Corona-Pandemie.

Ein Beispiel, bei dem eine längerfristige Perspektive zu einer anderen Sichtweise führt, ist das verarbeitende Gewerbe. Die ISM-Umfrage zum PMI für das verarbeitende Gewerbe gibt Aufschluss über die Entwicklung der Konjunktur im Allgemeinen und des verarbeitenden Gewerbes im Besonderen. Nachdem die Umfrage 2021 den höchsten Stand (64,0) seit fast dreißig Jahren erreicht hatte, rutschte sie Ende 2022 in den kontraktiven Bereich (unter 50) und verharrte dort über ein Jahr lang.

Anleger mit einer kurzfristigen Perspektive könnten folgern, dass der ISM-PMI für das verarbeitende Gewerbe seit über einem Jahr schwächelt und im zweiten Quartal erneut schrumpfte, nachdem er im März kurzzeitig gestiegen war – eine beunruhigende Entwicklung. Anleger mit einer längerfristigen Perspektive hingegen könnten zu dem Schluss kommen, dass die Bodenbildung des ISM selten einen glatten Verlauf nimmt und dass Umkehrbewegungen nach oben generell die Norm sind, wenn sich ein Boden gebildet hat. Außerdem ist der ISM während früherer weicher Landungen nicht unter die Marke von etwa 45 gefallen – ähnlich wie im Jahr 2023.

Abbildung 1: Alles eine Frage der Perspektive: Verarbeitendes Gewerbe

Daten per 1. Mai 2024, zuletzt verfügbar mit Stand 30. Juni 2024. Quellen: ISM, NBER und Macrobond.

Ein zweiter Bereich, in dem die Perspektive die Einschätzung der Anleger beeinflussen kann, sind neu in Verzug geratene Schulden bzw. der Anteil der Verbraucher, die mit der Rückzahlung von Krediten in Rückstand kommen. Die Ausfallquoten steigen seit Ende 2021. Dabei haben Kategorien wie Autokredite und Kreditkarten das Niveau der Zeit vor der Pandemie überschritten. Demnach besteht die Befürchtung, dass sich die finanzielle Lage der Verbraucher verschlechtert und dass sich der Konsum abschwächen könnte, da die Menschen sich zurückhalten müssen.

Ein Großteil der Verschlechterung resultiert jedoch speziell aus Krediten, die in den Jahren 2020 und 2021 vergeben wurden, als viele der ehemaligen Subprime-Kreditnehmer aufgrund von Konjunkturpaketen, Kredit- und Mietverzichtsprogrammen und starken Lohnzuwächsen im Niedriglohnbereich in einer besseren finanziellen Ausgangslage waren. Bei neueren Schulden ist diese Dynamik im Hinblick auf Zahlungsrückstände nicht zu beobachten – insbesondere hat der Anstieg der Ausfallquoten 2023 seinen Höhepunkt erreicht. Viele Bankvorstände erwarten, dass sich die Verzugsraten in den kommenden Quartalen abflachen werden. Das ist ein positives Zeichen, das durch die jüngsten Daten gestützt wird, die ein schrittweise langsameres Wachstum der neu überfälligen Darlehen zeigen. Schließlich ergibt eine längerfristige Perspektive, dass die Ausfallquoten größtenteils immer noch auf dem Niveau der Zeit vor der Pandemie liegen und sich trotz ihres neuerlichen Anstiegs noch nicht im problematischen Bereich bewegen. Aus dieser Sicht dürfte sich der Gegenwind für das Konsumverhalten in Grenzen halten.

Abbildung 2: Alles eine Frage der Perspektive: Zahlungsrückstände

Daten per 14. Mai 2024, zuletzt verfügbar mit Stand 30. Juni 2024. Quellen: Federal Reserve Bank of New York, Macrobond, NBER. Die grau schattierten Bereich spiegeln rezessive Phasen wider.

Einkommensschwache Verbraucher sind am ehesten mit ihren Schulden im Rückstand. Dennoch gibt es einige positive Entwicklungen: Die am schlechtesten verdienenden Amerikaner (gemessen in Quintilen) konnten in den letzten Jahren die stärksten Lohnzuwächse verzeichnen, nämlich 31 % seit Ausbruch der Pandemie, während die Inflation (VPI) nur um 19,4 % gestiegen ist. Das hat ihre Ausgaben selbst vor dem Hintergrund der höheren Lebenshaltungskosten gestützt. Diese Gruppe steht zwar weiter unter Druck, macht aber weniger als 10 % des Gesamtverbrauchs aus. Tatsächlich geben die drei unteren Quintile (60 %) des Einkommensspektrums insgesamt so viel aus wie das oberste Quintil (20 %) allein (siehe Abbildung 3).

Während die Löhne der höheren Einkommensgruppen in den letzten Jahren nicht wesentlich stärker gestiegen sind als die Inflation, profitieren diese Gruppen von Vermögenseffekten, da die Finanzmärkte und die Immobilienpreise erheblich zugelegt haben. In Verbindung mit einer niedrigeren Schuldenlast dürfte dieses Segment eine etwaige Ausgabenschwäche von Verbrauchern mit geringerem Einkommen ausgleichen können und dazu beitragen, dass die Wirtschaft weiter wächst.

Abbildung 3: Hohes Einkommen, hohe Ausgaben

Daten per 8. September 2023, zuletzt verfügbar mit Stand 30. Juni 2024. Quellen: U.S. Bureau of Labor Statistics (BLS), Macrobond.

Ein Großteil des überproportionalen Lohnzuwachses für einkommensschwächere Amerikaner geht auf die Erholung von der Pandemie zurück, als die Suche nach Arbeitskräften für viele Arbeitgeber vielleicht die größte Herausforderung war. Hohe Löhne, abflauende Pandemierisiken und eine starke Zuwanderung haben das Angebot an Arbeitskräften wachsen lassen – und das alles zuletzt vor dem Hintergrund einer nachlassenden Nachfrage nach Arbeitskräften. Daraufhin fielen die Lohnzuwächse in den letzten zwei Jahren moderater aus.

Das Tempo des Lohnwachstums hat sich inzwischen so weit abgekühlt, dass sich der Indikator für das Lohnwachstum im ClearBridge Recession Risk Dashboard auf Grün verbessert hat. Gleichzeitig mit dieser Entwicklung sind der Indikator für die Gewinnmargen auf Grün und der Indikator für die Geldmenge auf Gelb umgeschwenkt. Zusammengenommen haben diese Veränderungen dazu geführt, dass das Gesamtsignal des Dashboard zum ersten Mal seit 2022 wieder im grünen Bereich liegt, was auf die Wahrscheinlichkeit einer anhaltenden wirtschaftlichen Expansion hindeutet.

Abbildung 4: Indikatoren für Rezessionsrisiko in den USA

Stand der Daten: 30. Juni 2024. Quellen: BLS, Federal Reserve (Fed), Census Bureau, ISM, BEA, American Chemistry Council, American Trucking Association, Conference Board, Bloomberg, CME, FactSet und Macrobond. Das ClearBridge Recession Risk Dashboard wurde im Januar 2016 geschaffen. Bezüge auf die Signale, die es in den Jahren vor Januar 2016 ausgesendet hätte, basieren auf der Art und Weise, wie sich die zugrunde liegenden Daten zu jener Zeit in den Indikatoren, aus denen es besteht, widerspiegelten.

Die Verbesserung des Dashboard-Gesamtindikators auf ein leicht grünes Signal ist eine willkommene Entwicklung. Allerdings schwächt sich die Konjunktur ab, und das Risiko einer Flaute bleibt unseres Erachtens bestehen. Wenn Anleger die derzeitige Normalisierung überbewerten und die Erwartungen in Rezessionsangst umschlagen, könnten die Aktienmärkte eine Phase der Konsolidierung durchlaufen. In den kommenden Monaten könnte es an den Märkten zu Turbulenzen kommen, denn die Volatilität nimmt im Vorfeld von Präsidentschaftswahlen in der Regel zu.

Abbildung 5: Die Nervosität vor den Wahlen

Daten per 19. Juni 2024, zuletzt verfügbar mit Stand 30. Juni 2024. Quellen: FactSet, CBOE. Der CBOE-Marktvolatilitätsindex (VIX) misst die Markterwartungen zukünftiger Volatilität anhand der Optionspreise auf den S&P 500-Aktienindex. Er wird häufig als „Angstbarometer“ bezeichnet. Niedrigere Werte deuten auf ein Umfeld mit vermeintlich niedrigem Risiko hin, während höhere Werte eine Phase mit höherer Volatilität anzeigen.

Auch wenn niemand einen Marktrückgang herbeisehnt, würde ein nachlassendes Wirtschaftswachstum den Inflationsdruck wahrscheinlich weiter verringern, was für die Fed eine erfreuliche Entwicklung wäre. Eine Phase mit noch schwächerem Wachstum könnte dazu beitragen, den lang erwarteten Zinssenkungszyklus einzuleiten. Nach allgemeiner Auffassung wird die Fed zögern, so kurz vor den Wahlen Zinsschritte vorzunehmen, um ihre Unabhängigkeit zu wahren und den Anschein einer Einmischung zu vermeiden.

Die Geschichte zeigt jedoch, dass die Fed die Zinsen in jedem Präsidentschaftswahljahr seit 1956 mit nur einer Ausnahme angepasst hat. Und obwohl die Zentralbank den Leitzins 2012 nicht änderte, kündigte sie im September, weniger als zwei Monate vor den Wahlen, eine dritte Runde der quantitativen Lockerung an.

Abbildung 6: Wahlen schrecken die Fed nicht ab

Quellen: Bloomberg, Federal Reserve Bank of St. Louis.

Der Beginn eines Kürzungszyklus – sofern er eintritt – dürfte die Chancen auf eine weiche Landung erhöhen. Wie die Geschichte zeigt, sind weiche Landungen schwer herbeizuführen – in den letzten 45 Jahren gab es nur zwei. Der gegenwärtige Zyklus ist jedoch in vielerlei Hinsicht einzigartig. Mehrere Faktoren deuten darauf hin, dass der Fed eine weiche Landung gelingen könnte.

Sollte das zusammen mit dem Beginn von Zinssenkungen eintreten, haben Anleger traditionell davon profitiert, einen Schritt weiter entlang der Risikokurve zu gehen. Aktien im Allgemeinen (Large Cap und Small Cap, Wachstums- und Substanzwerte) haben im Jahr nach der ersten Zinssenkung, als es in der Vergangenheit zu weichen Landungen kam, liquide Mittel übertroffen, wobei der Russell 1000 Growth Index mit durchschnittlich 16 % die beste Performance erzielte (siehe Abbildung 7).

Abbildung 7: Überrendite bei Aktien nach Zinssenkungen

Hinweis: Zinssenkungszyklen mit mindestens 75 Bp. Stand der Daten: 30. Juni 2024. Quellen: FactSet, Bloomberg, S&P, Russell, ICE BofA, NBER. Indizes werden nicht aktiv gemanagt und es ist nicht möglich, direkt in einen Index zu investieren. Gebühren, Kosten und Ausgabeaufschläge sind nicht berücksichtigt. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist weder ein Indikator noch eine Garantie für die zukünftige Wertentwicklung.

Manche Anleger zögern, angesichts der hohen Bewertungen derzeit Kapital in Aktien zu investieren. Im letzten Quartal haben wir dargelegt, dass der S&P 500 Index aufgrund hervorragender Fundamentaldaten und einer Verschiebung in der Zusammensetzung der Benchmark hin zu mehr Wachstums- und defensiven Werten, die in der Regel mit einem Aufschlag gehandelt werden, über dem langfristigen Durchschnittsmultiplikator liegt. Es gibt aber noch andere Faktoren, die dafür sprechen, dass Bewertungen kein Grund zum Zögern sein sollten – zumindest bei den meisten Indexmitgliedern. Eine Handvoll der größten Unternehmen wirkt sich überproportional auf die Bewertung der Benchmark aus (21,0 x NTM-EPS) und erzeugt eine deutliche Kluft zwischen den zehn größten Titeln mit 29,3 x und den übrigen, allgemein fundamental soliden 490 Titeln mit einem angemesseneren Bewertungsniveau von 17,8 x (siehe Abbildung 8).

Dieser Bewertungshintergrund ist ein weiterer Bereich, in dem es unserer Meinung nach auf die Perspektive ankommt. Eine andere Möglichkeit, die Bewertungen für die „typische“ Aktie zu betrachten, ist die Analyse des gleichgewichteten S&P 500, anstatt einfach die zehn größten Aktien herauszufiltern. Diese Version der Benchmark, bei der alle Unternehmen im Hinblick auf die Gewichtung gleich behandelt werden, notiert um weniger als 0,5 x über ihrem langfristigen Durchschnitt. Ein Umfeld mit einer hohen Bewertung der Benchmark, während die typische Aktie zugleich viel günstiger ist, bietet eine Chance für aktive Manager. Auch wenn passive Anleger die hohen Bewertungen der größten Benchmark-Mitglieder nicht umgehen können, können aktive Anleger selektiver vorgehen und von fehlbewerteten Chancen profitieren.

Abbildung 8: Die durchschnittliche Aktienbewertung ist ... durchschnittlich

Stand der Daten: 30. Juni 2024. Quellen: UBS. Indizes werden nicht aktiv gemanagt und es ist nicht möglich, direkt in einen Index zu investieren. Gebühren, Kosten und Ausgabeaufschläge sind nicht berücksichtigt. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist weder ein Indikator noch eine Garantie für die zukünftige Wertentwicklung.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das ClearBridge Recession Risk Dashboard angesichts der Verbesserung von drei zugrunde liegenden Indikatoren in diesem Monat auf ein insgesamt grünes Signal umgeschlagen ist. Diese Entwicklung vollzieht sich vor dem Hintergrund einer Konjunkturabschwächung, die unserer Meinung nach am besten als Normalisierung nach einer Phase großer Stärke betrachtet werden kann. Diese Abschwächung könnte von Anlegern, die üblicherweise Nervosität im Vorfeld von Wahlen zeigen, überbewertet werden, sodass Aktien ein wechselhafter Sommer bevorstehen könnte. Letztendlich ergibt eine längerfristige Perspektive, dass die Märkte und die Wirtschaft in die Richtung gehen, die viele vor zwei bis drei Jahren für am wahrscheinlichsten hielten – eine Rückkehr zur Normalität. Es dauerte nur etwas länger, um dorthin zu gelangen.



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