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In einigen Monaten rückt die Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten ins Rampenlicht. Vielleicht ist es den Währungshütern der US-Notenbank (Fed) ganz recht, dass sich das Interesse allmählich auf ein anderes Thema richtet, denn sie und ihre Politik stehen schon länger unter strenger Beobachtung, als ihnen lieb ist. Die Fed hofft darauf, dem Blitzlichtgewitter zu entgehen, sobald sich die US-Konjunktur im Bereich der Zielvorgaben der Fed bewegt. Es wird damit gerechnet, dass sich die Arbeitslosenquote weiterhin um die 4 % bewegt und die Inflation sich der Marke von 2 % nähert.1 Allerdings ist das Tempo, mit dem die Fed vorgehen wird, nach wie vor Gegenstand von Diskussionen, was für Unsicherheit sorgt.

Wenn die Fed nicht mehr im Rampenlicht steht, bedeutet dies jedoch nicht zwangsläufig, dass sie untätig ist, denn sie muss ihre Geldpolitik weiterhin so gestalten, wie sie es für richtig hält. Unabhängig vom Wahlkalender und ungeachtet des öffentlichen Erscheinungsbildes, das die Notenbanker vielleicht gerne hätten, zwingen die Geschehnisse die Fed zum Handeln. Seit 2004 ist die Fed in jedem Wahljahr aktiv gewesen. Ein Rückblick auf diese letzten Jahre liefert einige Hinweise darauf, wie sich die Fed in einem Wahljahr wahrscheinlich verhalten wird und welche Entwicklungen noch vor November eine geldpolitische Reaktion auslösen könnten. Natürlich könnten auch die Kandidaten selbst versuchen, die Fed wieder ins Blickfeld zu rücken.

Abbildung 1: Geldpolitische Entscheidungen der US-Notenbank in Wahljahren, 2004–2020

Quelle: Federal Reserve, Western Asset. Stand: 20. März 2024. Bp. = Basispunkte.

Feststellung 1: Die Fed wird nicht zögern, auf einen großen Schock zu reagieren.

In den letzten zwei Jahrzehnten fielen die für die Finanzmärkte bedeutendsten Geschehnisse in Wahljahre: die globale Finanzkrise von 2008 und die Corona-Pandemie von 2020. Natürlich stand die Tatsache, dass sie in Wahljahren stattfanden, in keinem direkten Zusammenhang mit diesen Geschehnissen. Noch hatte der Umstand, dass es sich um Wahljahre handelte, einen offensichtlichen Einfluss auf die Reaktionen der Fed. Die Fed hat ihre Geldpolitik während des gesamten Jahres 2008 drastisch gelockert und machte weder vor noch nach der Wahl Anstalten, von diesem Kurs abzurücken. Ganz im Gegenteil: Auf der Fed-Sitzung im Oktober 2008, die weniger als zwei Wochen vor der Wahl am 8. November stattfand, senkte die Fed die Zinssätze und vereinbarte Swap-Linien mit vielen Zentralbanken. In den darauffolgenden Wochen brachte die Fed Programme zum Ankauf von forderungsbesicherten Wertpapieren und Acency-Schuldverschreibungen auf den Weg, und auf ihrer Dezembersitzung senkte sie die Zinssätze erneut.

Im Jahr 2020 war die Reaktion der Fed auf die Corona-Krise nicht weniger entschieden. Anfang März senkte die Fed die Zinssätze außerhalb ihrer Sitzungen in zwei Schritten auf die Nullmarke. Anschließend startete sie ein sehr aggressives Anleihekaufprogramm, das Ende März in einem Volumen von 80 Mrd. USD pro Tag gipfelte,2 sowie eine Reihe von Programmen zur Stützung der Kreditmärkte. Obwohl die gravierendsten Verwerfungen an den Finanzmärkten recht schnell abklangen, setzte die Fed die Stimulierungsmaßnahmen im weiteren Verlauf des Jahres fort. Im August gab die Fed einen neuen Aktionsplan bekannt, in dem sich die Entscheidungsträger verpflichteten, auch bei einer Entspannung am Arbeitsmarkt eine akkommodierende Haltung beizubehalten. Auch wenn dieser Aktionsplan letztendlich durch die überraschende Inflation in den Jahren 2021 und 2022 hinfällig wurde, darf nicht vergessen werden, dass die Fed damit zum Zeitpunkt seiner Bekanntgabe, nur wenige Monate vor der Wahl, ein Zeichen für eine weitere Lockerung setzen wollte.

Das Verhalten der Fed in den Jahren 2008 und 2020 lässt keinerlei Zweifel aufkommen: Wenn wesentliche geldpolitische Maßnahmen erforderlich sind, wird die Fed diese ergreifen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein Wahljahr handelt oder nicht.

Feststellung 2: Auf veränderte Erwartungen hinsichtlich der Fiskalpolitik wird die Fed vielleicht nach der Wahl reagieren, aber nicht vorher.

Die Wirtschaftspolitik wird bei der diesjährigen Wahl nicht der strittigste Punkt sein. Natürlich wird die volkswirtschaftliche Bilanz der Kandidaten untersucht werden, aber die Unterschiede zwischen den politischen Konzepten sind gering und werden wahrscheinlich nicht ausschlaggebend sein. Diese Wahl wird nicht mit der Wahl von beispielsweise 1992 vergleichbar sein, als die Wähler durch die Debatten über die Steuererhöhungen von George Bush, Bill Clintons Pläne für das Gesundheitswesen und Ross Perots Einwände gegen den Freihandel beeinflusst wurden. Derzeit sieht es so aus, als ob die Wahl 2024 eher durch soziale Aspekte, Persönlichkeiten und vielleicht über Themen entschieden wird, die nur einen indirekten Einfluss auf die Wirtschaft haben, wie Einwanderung und Außenpolitik.

Allerdings hat jede Wahl Konsequenzen, und die werden sich zwangsläufig auch in der Wirtschaftspolitik niederschlagen. Die unmittelbarste Konsequenz betrifft das Auslaufen der Steuerermäßigungen für Privatpersonen Ende 2025. (Zur Erinnerung: Die Senkung der Körperschaftssteuer aus dem Jahr 2017 ist unbefristet, aber die Steuerentlastungen für Privatpersonen enden nächstes Jahr. Grund für die beschränkte Maßnahme war das Bestreben, die Kosten innerhalb des 10-Jahres-Budgetfensters zu reduzieren.) Die im Weißen Haus regierende Partei wird das Auslaufen der Steuerentlastungen voraussichtlich folgendermaßen angehen: Die Demokraten werden sich dafür einsetzen, die Steuerermäßigungen für die obersten Einkommensgruppen zu beenden, während die Republikaner eine Verlängerung aller Steuerermäßigungen anstreben werden. Der Erfolg wird natürlich von der Kontrolle über den Kongress und von der Gegenfinanzierung (oder dem Fehlen einer solchen) auf der Ausgabenseite abhängen.

Wichtig für diesen Artikel ist die Frage, ob die Erwartung fiskalpolitischer Veränderungen die Maßnahmen der Fed in diesem Jahr beeinflussen könnte. Unsere Antwort: Die Fed wird aus unserer Sicht nicht vor November handeln, aber möglicherweise danach. Sie wird sich hüten, in einer solchen Angelegenheit präventiv zu handeln – Wahlen sind einfach zu unberechenbar. Hinzu kommt, dass die Fed in der Regel Debatten über die Zusammensetzung von Einnahmen und Ausgaben vermeidet, da sie diese in erster Linie als politische und nicht als wirtschaftliche Fragen betrachtet.

Nach der Wahl ist die Fed möglicherweise eher bereit, Änderungen in der Fiskalpolitik abzufedern. Die Reaktion der Fed auf die Wahl 2016 ist in dieser Hinsicht aufschlussreich. Die überraschende Wahl von Donald Trump veränderte die Erwartungen hinsichtlich der Fiskalpolitik deutlich. In den Wochen nach der Wahl 2016 stieg die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen um 0,6 %,3 unter anderem deshalb, weil umfangreiche Steuersenkungen und andere wachstumsfördernde Maßnahmen erwartet wurden. Nachdem die Fed in den vorangegangenen 12 Monaten eine Pause eingelegt hatte, erhöhte sie auf ihrer Dezembersitzung den Zinssatz. Auch wenn dies nie ausdrücklich erklärt wurde, dürfte die Entscheidung der Fed zumindest teilweise darauf abgezielt haben, einige der erwarteten Anreize durch Steuersenkungen auszugleichen. Sollten sich die Erwartungen hinsichtlich der Fiskalpolitik für 2025 und darüber hinaus ändern, wird die Fed wahrscheinlich in der üblichen Weise darauf reagieren. Sie wird damit aber mit ziemlicher Sicherheit bis nach der Wahl warten.

Feststellung 3: Bei gleichbleibenden Bedingungen wird es die Fed möglicherweise vorziehen, bereits im Sommer geldpolitische Maßnahmen einzuleiten, um jeden Anschein einer unangemessenen Beeinflussung der Wahl zu vermeiden.

Diese letzte Feststellung ist zugegebenermaßen etwas subjektiver als die anderen. Die Notenbanker sind sich natürlich der Tatsache bewusst, dass im November eine Wahl stattfindet. Es steht außer Frage, dass sie jeden Anschein von ungebührlicher Einflussnahme vermeiden möchten. Auch wenn sie den Vorwurf der Einmischung in jedem Fall vehement von sich weisen werden, wird ein gewisser zeitlicher Abstand zwischen einer Maßnahme und der Wahl ihre Glaubwürdigkeit erhöhen. Daher werden sie den Zinssenkungszyklus vermutlich nicht auf der September- oder Novembersitzung einleiten. Ein Beginn im September könnte den Anschein erwecken, dass die Wirtschaft angekurbelt wird, um dem Amtsinhaber zu helfen, während bei einem Beginn im November der Eindruck entstehen könnte, dass nicht genug zur Stützung der Wirtschaft unternommen wurde, um so dem Herausforderer zu helfen. Unter diesem Gesichtspunkt bietet sich der Sommer vielleicht als weniger problematische Zeit für den Beginn von Zinssenkungen an. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass sich die Inflation weiter dem Ziel der Fed von 2 % nähert, was unserer Meinung nach der Fall sein wird.

In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass im Jahr 2004 der damalige Fed-Vorsitzende Alan Greenspan den Zinsanhebungszyklus auf der Junisitzung jenes Jahres begann. Die Zinsanhebungen wurden dann mit einem Tempo von 0,25 % pro Sitzung fortgesetzt, auch bei den Sitzungen unmittelbar vor und nach der Wahl. In den Protokollen der Sitzung wird die Wahl freilich nicht erwähnt, und Greenspan hat auch später nicht bestätigt, dass der Zeitpunkt der Wahl eine Rolle gespielt hat. Greenspan war jedoch bekannt für sein Gespür in Bezug auf das politische Klima und sein Geschick, verschiedene politische Aspekte zu berücksichtigen. Möglicherweise hat eine ähnliche Überlegung wie die hier beschriebene die Entscheidung Greenspans beeinflusst, nicht erst im Herbst, sondern bereits im Sommer zu handeln. Entwickelt sich die Konjunktur in diesem Jahr wie erwartet, wäre der derzeitige Fed-Vorsitzende Jerome Powell vielleicht nicht schlecht beraten, wenn er dem Beispiel Greenspans folgen und den Zinssenkungszyklus im Sommer beginnen würde.

Die Kandidaten

Die Präsidentschaftskandidaten könnten versuchen, die Geldpolitik zu einem Wahlkampfthema zu machen. Im Wahlkampf 2016 hatte Donald Trump keinerlei Hemmungen, sich zur Geldpolitik zu äußern. Im Mai desselben Jahres erklärte er, er sei ein „Niedrigzinsmensch“. Und dann warf er der Fed im September ironischerweise vor, die Zinsen ungebührlich niedrig zu halten, um die Chancen von Hillary Clinton zu verbessern. Im Jahr 2018, während seiner Amtszeit als Präsident, wandelte er sich wieder zu einem Verfechter von Niedrigzinsen und äußerte sich sehr kritisch zu den Zinserhöhungen der Fed in diesem Jahr. Es würde also nicht überraschen, wenn Trump in den kommenden Monaten ähnliche Themen aufgreifen würde. Allerdings bleibt fraglich, ob derartige Äußerungen von Trump die Vertreter der Fed beeinflussen würden. Insbesondere der Vorsitzende Powell ist darin geübt, Trumps Kritik abzuwehren, und er könnte ganz einfach auf seine abwiegelnden Argumente aus dem Jahr 2018 zurückgreifen. Dementsprechend rechnen wir nicht damit, dass die Äußerungen der Kandidaten in den nächsten Monaten allzu viel Bedeutung haben werden, sofern sie überhaupt eine Rolle spielen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die hier dargelegten Aspekte die Bereitschaft der Fed, die Märkte in den kommenden Monaten zu überraschen, beeinflussen könnten. In den letzten Jahren haben überraschende Entscheidungen der Fed immer wieder für Schwankungen an den Finanzmärkten gesorgt. Häufig war den Markt zu überraschen wahrscheinlich sogar die Absicht der Fed, ein als notwendig wahrgenommener Schritt im Kampf gegen die Inflation. Die Inflationsgefahr ist jedoch inzwischen sehr viel geringer geworden, und damit auch die Notwendigkeit einer regulierenden Einwirkung der Fed auf die Marktpreise. Überdies könnten gerade in einem Wahljahr etwas mehr Zurückhaltung und damit weniger Überraschungen von Vorteil sein. Eine stabile und konstante Prognose ist in dieser Hinsicht ebenfalls hilfreich.

Am Ende ihrer heutigen Sitzung hielt die Fed an ihrer Prognose von drei Zinssenkungen in diesem Jahr fest. In seiner Pressekonferenz nach der Sitzung wies der Vorsitzende Powell wiederholt darauf hin, dass man auf gewisse „Bodenwellen“ auf dem Weg zu einer niedrigeren Inflation nicht überreagieren sollte. Sowohl die unveränderte Prognose als auch Powells Standhaftigkeit lassen darauf schließen, dass er in diesem Wahljahr vergleichsweise wenig Wellen schlagen möchte.



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