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Was ist der Unterschied zwischen den Schwellenmärkten und den „Grenzmärkten“?

Die Grenzmärkte sind eine Untergruppe der Schwellenmärkte. Es gibt jedoch keine einheitliche Definition. Der Begriff wird tendenziell für eine Gruppe von Ländern verwendet, die sich in einer recht frühen Phase der wirtschaftlichen Entwicklung befinden, die niedrigere Kreditratings aufweisen oder die eine kleinere Wirtschaft mit schwächeren und weniger entwickelten Kapitalmärkten haben. Es handelt sich um eine vielfältige Mischung von Ländern mit ganz unterschiedlichen „wirtschaftlichen Archetypen“. Eine Gemeinsamkeit der Grenzmärkte ist, dass sie häufig in gewisser Weise unter dem Radar der Anleger bleiben, selbst in der Community der Mainstream-Schwellenmarktanleger. Und typischerweise bestehen gewisse feine Unterschiede, die ihre Analyse erschweren – die Politik ist hier um einiges wichtiger als bei anderen Märkten.

Welche Ausfallerfahrungen machen Anleger an den Grenzmärkten, und wie lässt sich dieses Risiko steuern?

Jeder Zahlungsausfall eines Staates ist in gewisser Weise einzigartig. Die Entscheidung, Zahlungsverpflichtungen nicht mehr zu erfüllen, ist letztlich eine strategische, und jede strategische Entscheidung ist durch und durch politisch, da sie den Versuch widerspiegelt, konkurrierende Interessen aus der Wirtschaft, der Politik und der Bevölkerung/Gesellschaft zu berücksichtigen. Zahlungsausfälle haben also zweifelsohne eine politische Dimension. Die Politik, die den politischen und wirtschaftlichen Kontext eines Staats bestimmt, ist also auch ausschlaggebend für die Entscheidungen, die im Hinblick auf die Schuldentilgung getroffen werden. Es geht hier im Wesentlichen um die „Zahlungsbereitschaft“. Um das Ausfallrisiko zu steuern, müssen wir die wirtschaftliche Situation der einzelnen Länder aus diesem Blickwinkel betrachten. Werfen wir einen Blick auf Jamaika und Argentinien, um dies zu veranschaulichen. Die Schuldenlast von Jamaika erreichte vor zehn Jahren einen Höchststand von über 120 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Es sah ziemlich danach aus, als würde das Land den Zahlungsverpflichtungen aus seinen Auslandsschulden nicht mehr nachkommen, und die Kreditratings spiegelten dieses Risiko wider. Die politische Reaktion indes war eine andere: Das Land verpflichtete sich zu einer nachhaltigen Haushaltskonsolidierung. Inzwischen machen die Schulden etwa 78 % des BIP aus. Im Fall von Argentinien haben wir eine nahezu gegenteilige Reaktion beobachtet. In der Corona-Pandemie gaben die Anteilsinhaber der Verwaltung des Landes fiskalischen Spielraum. Die Regierung von Alberto Fernandez nutzte diesen Spielraum jedoch für nicht nachhaltige, politisch motivierte Ziele. Wenn wir über Zahlungsausfälle nachdenken, ist also absolut entscheidend, dass wir die politischen Anreize des jeweiligen Landes verstehen.

Alle Zahlungsausfälle weisen jedoch auch einige gemeinsame Faktoren auf. Es ist relativ einfach, erhöhte externe Anfälligkeiten in den Bilanzen von Staaten zu erkennen, und zu beurteilen, inwieweit ein Land Zugang zu externen Kapitalquellen benötigt, um Liquiditätsprobleme zu vermeiden. Viele der Ausfälle in den Jahren 2020 (Corona-Pandemie) und 2022 (russische Invasion in die Ukraine, Beginn des Zinsanhebungszyklus der Fed, Rückzug Chinas als Investor) betrafen Länder mit erhöhten externen Anfälligkeiten, die mit einem externen Schock (oder mehreren externen Schocks) konfrontiert wurden. Zahlungsausfälle von Staaten sind also eher selten, treten aufgrund der hohen Sensitivität gegenüber den Rohstoffpreisen und den globalen Finanzbedingungen aber geballt auf.

Welche Bewertungen führen Sie durch, um Anfälligkeiten in den Bilanzen zu ermitteln?

Unser Team für Schwellenmarktanlagen bewertet folgende Aspekte, die wir für entscheidend halten, um das Ausfallrisiko an den Grenzmärkten zu bemessen und zu mindern:

  • Finanzierungsbedarf. Eine Analyse des Bruttofinanzierungsbedarfs hilft den Anlegern zu verstehen, wie anfällig der öffentliche Sektor gegenüber den Außenfinanzierungsbedingungen, der Stimmung an den lokalen Finanzmärkten und der Entwicklung seiner Einnahmen und Ausgaben ist.
  • Außenfinanzierungsbedarf. Wir schauen uns den Außenfinanzierungsbedarf an, um einschätzen zu können, in welchem Maße ein Land von Leistungsbilanzschocks, einer Umkehr der Finanzströme und allgemeinen Fluktuationen bei der Verfügbarkeit von US-Dollar-Liquidität betroffen wäre.
  • Finanzsystem. Eine Analyse des inländischen Finanzsystems hilft, potenzielle Unwägbarkeiten zu ermitteln, die sich auf die öffentlichen Finanzen auswirken können.

Bewertung der wirtschaftlichen und politischen Leistungsfähigkeit

  • Wirtschaftskraft. Länder mit einem höheren BIP pro Kopf und einer besseren Basisprognose für das Wirtschaftswachstum sind in der Regel besser auf Schocks in der Wirtschaft, im Finanzwesen oder in der Leistungsbilanz vorbereitet. Bei dieser Bewertung berücksichtigen wir auch wirtschaftliche Puffer wie Devisenreserven und die Liquidität im Finanzsystem.
  • Starke Institutionen. Wir beurteilen anhand einer detaillierten Bewertung verschiedener Faktoren aus den Bereichen Soziales und Staatsführung das fachliche und politische Vermögen einer Regierung, mit Schocks umzugehen.

Schuldentragfähigkeitsanalyse (DSA)

  • Standard-DSA. Dabei wird die Entwicklung der öffentlichen Verschuldung in Abhängigkeit vom Wachstum, vom primären Haushaltssaldo und von den realen Zinssätzen analysiert.
  • Wirtschaftsstruktur, Reformbedarf und potenzielles Wachstum. Wir schauen uns die DSA eines Landes im Kontext seiner Wirtschaftsstruktur, der Stabilität der politischen Gleichgewichte und der voraussichtlich erforderlichen Reformen an, um mögliche Entwicklungswege zu ermitteln.

ESG-Faktoren (Umwelt, Soziales und Staatsführung)

  • Klimarisiko und Klimawandel. Diese können sich dramatisch auf den Konjunkturzyklus auswirken, und ihre Betrachtung hilft, wesentliche strukturelle Risiken zu erkennen, die mittel- und langfristig angegangen werden müssen.
  • Nachhaltigkeit, Natur- und Humankapital. Davon hängt die Realisierbarkeit und Qualität des längerfristigen Wachstums ab.
  • Soziale Faktoren. Sie bilden den Rahmen für den Kontext der Staatsführung und bestimmen, welche politischen Optionen als „akzeptabel“ gelten.
  • Staatsführung. Die öffentlichen Finanzen beruhen auf strategischen Entscheidungen, und gute Ergebnisse erfordern eine gute Staatsführung.

Was ist Ihre Anlagethese hinter Ihrem Engagement an den Grenzmärkten?

Wir sind der Ansicht, dass sich die weltweiten Zentralbanken dem Ende ihrer Zinsanhebungszyklen nähern, dass das Wachstum in den USA relativ widerstandsfähig bleiben wird und dass China (gerade) genug Unterstützung bieten wird, um kein Negativfaktor zu werden. Unser Basisszenario entspricht also im Großen und Ganzen weiterhin dem makroökonomischen Szenario, das wir Anfang Mai beschrieben haben. Vor diesem Hintergrund überzeugt uns sowohl der absolute als auch der relative Wert von Schuldtiteln aus Schwellenländern. Was speziell die Grenzmärkte betrifft, so erscheint uns die Risiko-Rendite-Asymmetrie im Vergleich zu anderen Sektoren des Schwellenmarktuniversums ziemlich attraktiv. Die Bewertungen liegen im historischen Vergleich nach wie vor weit auseinander, und sowohl idiosynkratische Chancen als auch solche, die sich aus bestimmten Ereignissen ergeben, bieten die Möglichkeit, das „Beta“ gegenüber globalen makroökonomischen Faktoren zu reduzieren und von weniger korrelierenden, auf Fundamentaldaten beruhenden Wendepunkten am Anleihemarkt zu profitieren.

Abbildung 1: Credit Spreads für Investment-Grade-Anleihen – Schwellenmärkte vs. Grenzmärkte

Quelle: Bloomberg. Der J.P. Morgan Emerging Markets Bond Index Global Diversified (EMBI Global Diversified)-Investment Grade bildet die Gesamtrendite von auf US-Dollar lautenden Schuldtiteln (Brady Bonds, Darlehen, Eurobonds) mit Investment-Grade-Rating ab, die von staatlichen und staatsnahen Emittenten aus Schwellenländern begeben werden. Das Engagement in einigen größeren Ländern ist in dem Index begrenzt. Der J.P. Morgan Next Generation Markets Index (NEXGEM) ist ein Maß für die auf US-Dollar lautenden Auslandsschulden von Staaten, die als Grenzmärkte gelten. Stand: 30. September 2023.

Die Grenzmärkte bilden einen Total-Return-Markt, der an die anfängliche Einschätzung der Schwellenmärkte zu Beginn der 1990er erinnert. Doch auf der Grundlage des heutigen umfangreicheren Angebots an Schuldtiteln an den Grenzmärkten kann ein Vermögensverwalter wie Western Asset ein entsprechendes Portfolio oder einen Teilbereich aufbauen, der aus mehreren diversifizierten, idiosynkratischen Anlagen besteht. Diese Kombination führt zu einem Anlagerenditeprofil mit einem geringeren Beta gegenüber makroökonomischen Faktoren, das zu einer besseren Gesamtrenditeverteilung führen kann.

In einem Szenario, in dem die globalen Finanzbedingungen letztlich wieder gelockert werden, würden wir erwarten, dass die Grenzmärkte zu den Hauptgewinnern gehören.



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